Holzschuhwerkstatt Hermann Ottensmann

Eine Fotostory von Wolfgang Müller (1977)

Möchten Sie sich nicht mal ein Paar Holzschuhe zulegen? Keine mit hochmodernen Apparaturen produzierten Souvenirstücke zum Vorzeigen, sondern von Hand und mit vorsintflutlichen Maschinen gearbeitet Schuhe, in denen man sogar gehen kann.

„Holzschuhe“? werden Sie mitleidig lächelnd an merken, “die haben doch die Leute damals im Krieg getragen, als es kein Leder gab; so was gibt’s doch gar nicht mehr, die kann man doch nur noch im Museum bewundern. Zugeben, als Westfale weiß ich nicht, wie es in Bayern aussieht. Aber wenn Sie 600 km nördlich von München mal bei Hermann Ottensmann in Wadersloh, einem kleinen Dorf in der Nähe von Lippstadt reinschauen, können Sie dem letzten Verbliebenen einer alten Holzschuhmacherfamilie noch bei der Arbeit über die Schulter schauen. Dies zwar auch nur noch im Winter während der Schlechtwetterzeit, da die Holzschuhmacherei heute keine Existenzgrundlage mehr bietet; aber er betreibt sein erstes, bei seinem Vater erlerntes Handwerk noch aus Liebhaberei weiter. Und schließlich, ein paar zusätzlich verdiente Mark kann man immer gebrauchen.

Hermann Ottensmann verlangt 11 DM für das Paar im Direktverkauf, 8 DM zahlen ihm die Schuhläden der um liegenden Dörfer. Immerhin, im Jahre 1977 arbeitete er noch 390 Paar Holzschuhe, die von den Bauern der Umgegend bei der Feldarbeit oder im Stall getragen werden. Vereinzelt so erzählt er, lassen sich auch noch Arbeiter, die mit ätzenden Flüssigkeiten oder Lacken in Berührung kommen, bei ihm Holzschuhe machen. Denn trotz Atomzeitalter und hochentwickelter Technologie sind Holzschuhe immer noch unempfindlicher als jeder Lederschuh.

Vom abgeholzten, rohen Baumstamm bis zum fertigen Holzschuhpaar benötigt Hermann Ottensmann ungefähr eine Stunde. Mit den alten Maschinen, die seltene Kopier- und Bohrmaschine kaufte sein Vater 1935 schon gebraucht, bearbeitet er das wegen seiner Elastizität und Weichheit bevorzugte Holz der Pappel oder Weide noch heute. Die Handarbeit verrichtet er mit denselben verschiedenartigsten Messern und Bohrern, die schon sein Groß- und Urgroßvater benutzt haben.

Als ich Ende meines Besuches stolz ein Paar Holzschuhe erstehe, rät er mir, die Schuhe anfangs höchstens eine Stunde zu tragen und immer dicke Socken anzuziehen. In seinem Gesicht erkenne ich deutlich Zweifel, ob meine an weiches Leder gewöhnte Zivilisationsfüße überhaupt solch derbes Schuhwerk vertragen. Aber wir wollen doch mal sehen, ob wir dem Fortschritt nicht ein Schnippchen schlagen können.



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Für Hermann Ottensmann beginnt die Arbeit mit dem Markieren und Zersägen des Stammes in gleichgroße Blöcke. Ihre Größe bemisst sich nach der Riesenschuhgröße 49 eines seiner Stammkunden. In den nächsten beiden Arbeitsgängen werden die Blöcke mit der Axt gevierteilt und danach mit der Kreissäge zu viereckigen länglichen Klötzen zurechtgeschnitten. An der Kopier-und Bohrmaschine werden zwei Arbeitsgänge auf einmal erledigt. Auf der linken Seite wird der rechteckige Block eingespannt und von einer von links nach rechts wandernden rotierenden Messermaschine in Holzschuhform abgearbeitet. Auf der rechten Seite wird gleichzeitig die noch massive Holzschuhform ausgehöhlt. Anschließend werden mit dem Klotzmesser die Ecken vorne und hinten abgerundet.

Die nach maschinellen Ausbohrung noch sehr rauen Innenflächen des Holzschuhes müssen danach per Hand mit verschiedenen Messern „nachgeputzt“, das heißt geglättet werden.

Auf der Zugbank glättet Hermann Ottensmann die Kanten.

An der Schleifmaschine verpasst er dem Holzschuh den letzten Rundschliff

Im letzten Arbeitsgang nagelt er einen Lederaufsatz auf den Schuh, zur Zierde und damit der fuß genügend Halt hat.

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